Aus einem sehr traurigen Anlass, stellte ich mir heute folgende Frage: „Was wäre, wenn ich ab heute nur noch zwei Wochen zu leben hätte? Was würde ich noch tun, was wären meine Gefühle?“
Oft leben wir so in den Tag hinein, als ob es kein Morgen gäbe. Und irgendwie ist das ja auch gut so, sollen wir ja ganz im Hier und Jetzt sein. Und dennoch kann es sehr heilsam sein, sich einmal dieser Frage zu stellen. Es kann nämlich sehr viel Klarheit bringen.
Was wäre es also, was ich noch zu tun hätte, was ich fühlen würde?
Im ersten Moment ist da ein sehr großer Schmerz spürbar, ganz tief aus meinem Herzen. Tränen schossen mir in die Augen und es drängte sich folgender Gedanke auf: „Dann könnte ich nicht mehr hier sein!“ Aha, sehr interessant, es geht also darum, dass ich gerne hier sein möchte. Da muss also so etwas sein, wie „Lust am Leben“, was sich oft gar nicht so anfühlt. Man lebt halt. Ich bin also gerne am Leben und möchte es auch noch weiter sein, sonst würde etwas fehlen.Nicht den Anderen, MIR!
Danach tauchte Angst auf: Und was kommt dann? Was geschieht dann mit MIR? Als ob das dann noch eine Bedeutung hätte. Und dennoch war sie real diese Angst, war sie doch sehr deutlich zu spüren. Es war interessanter Weise keine Angst vor dem Sterben, es war diese Unsicherheit, die mir Angst machte. Obwohl ich mich immer wieder mit dem Thema auseinandergesetzt hatte und selbst auch schon eine Rückführung in das Zwischenleben zwischen dem letzten und diesem Leben gemacht hatte, war ich mir da also nicht ganz sicher, was kommen würde. Also ist da Angst, vor dem was kommt.
Kannte ich das vielleicht auch aus meinem jetzigen Leben? Anscheinend schon, nur war das etwas, was ich mir nicht so gerne eingestehen wollte. Kurz zeigte sich der Gedanke, dass es dann endgültig wäre, könnte ich ja dann nicht mehr zurück. Vorbei, für immer (in diesem Leben!)
Danach tauchten vor meinen Augen Bilder auf, Bilder von den Dingen, die ich tun würde:
Ich würde jede Einzelheit in meiner Wohnung und in meinem Umfeld noch einmal ganz genau betrachten. Als ob ich es mit den Augen einsaugen würde, ein Bild davon machen. Jedes einzelne Blatt auf meiner Pflanze, jede Blüte, jedes Kästchen, jeden Sessel, jedes Stück Boden so betrachten, riechen und begreifen, als wäre er einzigartig. So wie Kinder es oft tun, fällt mir dabei auf. Wieder staunen über das Wunder, das sich mir hier gerade eröffnet. Nichts mehr als selbstverständlich zu betrachten und mich an jedem einzelnen Ding erfreuen, sei es auch noch so klein.
Ich würde jeden einzelnen Zehen- und Fingernagel in einer anderen Farbe lackieren, um noch einmal die Pracht aller Farben genießen zu können. Und ich würde darüber lachen, aus ganzem Herzen.
Ich würde mich bei meiner Familie bedanken, dass sie mich begleitet hat, durch alle Höhen und Tiefen, die mein Leben so mit sich gebracht hat, und ich würde mich für all die Liebe bedanken, die ich erfahren habe, auch wenn ich es oft nicht so verstanden habe.
Ich würde ein Fest für meine Freunde geben, und mit allen die Zeit genießen, jede einzelne Minute, in Stille, ohne Worte. Ich würde in ihre Augen sehen und ich wüsste, dass nichts mehr gesagt werden muss.
Und meine Kinder würde ich eine ganze Woche nur im Arm halten. Einfach nur festhalten und ihnen damit zeigen, wie sehr ich sie liebe. Das wäre natürlich für sie völlig uncool, so mit 18 Jahren ist das vielleicht nicht gerade prickelnd. Aber mir, mir wäre es wichtig, weil es meine Sprache der Liebe ist.
Und dann würde ich mich in die Sonne setzen, die Strahlen und die Wärme genießen, einfach so, ohne etwas zu tun. Mit dem Gedanken, dass mein Werk getan ist.
Und dann wäre da Ruhe, nichts mehr was noch getan oder gesagt werden müsste. Es wäre fertig, dieses Leben. Und ich könnte in Frieden gehen.
Was für ein schöner Gedanke!
Jetzt hast du noch die Zeit, denn manchmal treten Ereignisse in dein Leben, wo es sehr schnell geht. Und es ist leicht möglich, dass du dann nicht mehr in der Lage bist, das zu tun. Nütze also deine Zeit, lass dich auf den Gedanken ein, nur mehr zwei Wochen Zeit zu haben.
Was würdest du fühlen, was würdest du tun?
Und dann tue es. Jetzt!
In memoriam Ueli